A2: Marsch für das Leben – wir laufen nicht mit Rechtsextremen

Achtung: dies ist eine alte Fassung; die aktuelle Fassung gibt es hier:
A2: Marsch für das Leben – wir laufen nicht mit Rechtsextremen

Rahmendaten zum Antrag
Veranstaltung:	Diözesanversammlung 2025
Tagesordnungspunkt:	5 Anträge
Antragsteller*in:	KjG Berlin (dort beschlossen am: 14.02.2025)
Status:	Modifiziert
Eingereicht:	14.02.2025, 20:41
Antragshistorie:	Version 1(14.02.2025) Version 2(01.03.2025) Änderungen anzeigen Version 3(01.03.2025) Änderungen anzeigen Version 1

Antragstext

In Deutschland ist ein besorgniserregender Rechtsruck zu beobachten. Dies wurde
besonders deutlich, als am 29. Januar 2025 im Bundestag zum ersten Mal ein
Beschluss nur durch die Stimmen von Rechtsextremist*innen eine Mehrheit erhielt.
Rechte und rechtsextreme Positionen werden in unserer Gesellschaft immer mehr
akzeptiert. Auch in der katholischen Kirche werden konservative Stimmen lauter,
die sich mit rechten Ansichten vermischen.

Die Deutsche Bischofskonferenz hat sich im Februar 2024 klar positioniert, dass
völkischer Nationalismus und Christentum nicht zusammenpassen. Sie appellieren,
politische Angebote von Rechtsaußen abzulehnen und zurückzuweisen. Trotzdem
laufen einzelne Bischöfe beim "Marsch für das Leben" mit Rechtsextremen mit.
Diese Demonstration wird von rechtsradikalen Gruppen gezielt genutzt, um ihre
Ideen zu verbreiten. Ein solches Miteinander widerspricht der christlichen
Nächstenliebe und der offiziellen Position der Bischofskonferenz.

Der BDKJ Berlin bekräftigt daher seinen Beschluss von 2017 zur Distanzierung vom
"Marsch für das Leben" und erweitert seine Position wie folgt:

Der BDKJ Berlin bestätigt seine Ablehnung der vereinfachenden und
polarisierenden Darstellung komplexer ethischer Fragestellungen durch den
"Marsch für das Leben".

Der BDKJ Berlin erklärt ausdrücklich, dass die Teilnahme an
Veranstaltungen, die von rechtsradikalen Akteur*innen mitorganisiert,
beworben oder gezielt besucht werden, nicht mit unserem christlichen
Selbstverständnis vereinbar ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn:
1. rechtsradikale Gruppen die Veranstaltung für ihre politische Agenda
  instrumentalisieren
2. die Veranstaltung in rechtsradikalen Medien und Netzwerken aktiv
  beworben wird
3. rechtsradikale Symbole, Parolen oder Materialien bei der
  Veranstaltung präsent sind
4. keine klare Abgrenzung der Veranstalter*innen gegen rechtsradikale
  Teilnehmende erfolgt

Der BDKJ Berlin fordert die Deutsche Bischofskonferenz und ihre Mitglieder
auf:
1. sich an ihre eigene Erklärung vom Februar 2024 "Völkischer
  Nationalismus und Christentum sind unvereinbar" zu halten
2. keine Grußworte mehr für den "Marsch für das Leben" zu verfassen
3. nicht an Veranstaltungen teilzunehmen, die von rechtsradikalen
  Akteur*innen mitorganisiert, beworben oder gezielt besucht werden
4. sich klar von rechtsradikalen Gruppierungen und deren
  Instrumentalisierung kirchlicher Positionen zu distanzieren

Der BDKJ Berlin sieht die einseitige Sicht der Veranstaltung “Marsch für
das Leben” und Position von Teilen der katholischen Kirche zum "Schutz des
Lebens" kritisch, da sie:
1. die Selbstbestimmung der schwangeren Person nicht ausreichend
  berücksichtigt
2. die Realität von ungewollten Schwangerschaften ausblendet
3. die Versorgungssicherheit bei Schwangerschaftsabbrüchen gefährdet
4. komplexe individuelle Situationen nicht angemessen würdigt

Der BDKJ Berlin wird beauftragt:
1. einen Studienteil zum Thema Schwangerschaftsabbrüche als Teil der
  KJV vorzubereiten; hierfür:
  1. sich mit dem Thema und den Diskussionen rund um den
    Paragraphen 218 und 218a intensiv auseinandersetzt und
    Expert*innen dazu holt
  2. dabei verschiedene Perspektiven einbezieht, insbesondere
    medizinische, ethische, feministische und seelsorgerische
    Aspekte
  3. kann eine Arbeitsgemeinschaft auf der Diözesanversammlung 2025
    gebildet werden, wenn nicht, werden die Arbeitsaufträge in den
    Diözesanausschuss überwiesen.

Begründung

Die aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklung in Deutschland erfordert eine klare Positionierung des BDKJ Berlin. Während im Bundestag eine breite parlamentarische Initiative zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs diskutiert wurde, die einen Paradigmenwechsel in der rechtlichen Bewertung von Schwangerschaftsabbrüchen vorsah, verschärfte sich gleichzeitig die politische Polarisierung in unserer Gesellschaft.Es gab einen Antrag zur Neuregelung des §218, der von mehr als 300 Abgeordneten unterstützt wurde. Dieser Antrag wurde jedoch nicht zur Diskussion gestellt und muss nun mit der neuen Regierung erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Problematische Entwicklung des „Marsch für das Leben“

Während die Teilnehmendenzahlen beim „Marsch für das Leben“ zurückgehen, ist eine besorgniserregende Annäherung an rechtsextreme Anhänger*innen zu beobachten. Der veranstaltende „Bundesverband Lebensrecht“ (BVL) hat seine ursprüngliche Position der politischen Unparteilichkeit faktisch aufgegeben. Dies zeigt sich besonders deutlich daran, dass hochrangige AfD-Funktionärinnen wie Beatrix von Storch prominent in den ersten Reihen mitlaufen, während gleichzeitig Kardinal Wölki ein Grußwort entsendet oder Weihbischof Matthias Heinrich neben den rechten Parteien und Akteur*innen mitläuft.

Die Veranstaltung wird zunehmend von einer Rhetorik geprägt, die von "Kulturkampf" und der Stigmatisierung Andersdenkender als Anhänger*innen einer "Kultur des Todes" spricht. Diese Entwicklung steht in krassem Widerspruch zu unserem christlichen Verständnis eines respektvollen gesellschaftlichen Dialogs.

Widersprüchliches Verhalten der Deutschen Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz hat im Februar 2024 in ihrer Erklärung „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar" an alle Menschen appelliert, politische Angebote von Rechtsaußen abzulehnen und zurückzuweisen. Gleichzeitig ist jedoch festzustellen, dass einzelne Bischöfe und kirchliche Repräsentant*innen auf Demonstrationen wie dem „Marsch für das Leben" gemeinsam mit Rechtsextremen auftreten. Diese Demonstration der sogenannten Lebensrechtsbewegung wird zunehmend von rechtsextremen Gruppierungen instrumentalisiert und als Plattform genutzt. Diese faktische Zusammenarbeit widerspricht den Grundsätzen der christlichen Nächstenliebe und den eigenen Positionierungen der Bischofskonferenz.

Gefährliche Folgen einer einseitigen Position

Die aktuelle Situation in Ländern mit restriktiven Abtreibungsgesetzen wie Polen zeigt die fatalen Folgen einer kompromisslosen Position zum Schwangerschaftsabbruch. Die Realität zeigt, dass ein pauschales Verbot nicht zu weniger Abbrüchen, sondern zu gefährlichen Situationen für betroffene Schwangeren führt. Die einseitige Fokussierung auf den Schutz ungeborenen Lebens ohne Berücksichtigung der komplexen Lebenssituationen von Gebärenden wird der Realität nicht gerecht.